Wie wirkt das autologe Thrombinserum (ATS)?

Unter Meniskusrissen, Sehnen- und Bandverletzungen oder Muskelrissen leiden zunehmend auch jüngere Menschen. Die Frage, die sich nach einer solchen Verletzung häufig stellt, lautet: Reicht eine konservative Behandlung aus oder ist eine Operation erforderlich? Dr. med. Ivo Breitenbacher, Facharzt für Orthopädie und Ärztlicher am MVZ für Orthopädie Flugfeld GmbH, kann sich bei der Beantwortung dieser Frage auf neue Erfolge in der regenerativen Medizin stützen. Er verweist auf die Möglichkeit, vor allem kleinflächige oder unvollständige Risse mit Hilfe von körpereigenen Reparaturmechanismen erfolgreich zur Ausheilung zu bringen. Eine wichtige Rolle für die Gewebeheilung spielt dabei der therapeutische Einsatz des autologen Thrombin-Serums (ATS).

Herr Dr. Breitenbacher, was muss man sich unter ATS vorstellen?

Dr. Breitenbacher: ATS steht für autologes Thrombinserum. Wir können in diesem Zusammenhang auch von körpereigenem Blutplättchenserum. Indem wir ATS zu zuvor gewonnem blutplättchenreichen Plasma (PRP) hinzugeben, starten wir einen Gerinnungsvorgang. Dabei wandelt das ATS lösliches Fibrinogen zu Fibrinmonomeren um, die zu einem Gerinnsel verklumpen. Nachfolgend entsteht innerhalb von wenigen Minuten eine feste Gewebematrix, welche in Kombination mit zugegebenem PRP die abschließende Gewebeheilung fördert.

 

Wie stellt sich der Ablauf der ATS-Therapie dar?

Dr. Breitenbacher: Nachdem wir den Patienten gründlich untersucht und aufgeklärt haben, erfolgt die Blutabnahme und Zentrifugation zur Gewinnung von PRP und ATS. Sobald das ATS aktiviert wurde, wird der Gerinnungsvorgang in einem separaten Röhrchen gestartet und in die zuvor vorbereitete Körperstruktur, zum Beispiel einen Meniskusoder Muskelfaserriss, unter Ultraschalloder MRT-Kontrolle möglichst genau appliziert, und zwar am jeweiligen Behandlungsort je ein- bis zwei Mal. Dabei ist darauf zu achten, dass der Einstichort reizlos und unverletzt ist und Fieber und sonstige Infekte ausgeschlossen sind. Nach der Applikation dauert es nur wenige Minuten, bis sich im Rissbereich eine formstabile Gewebestruktur bildet.

 

WELCHE PROZESSE WERDEN DURCH AUTOLOGES THROMBINSERUM (ATS) BEWIRKT?

Autologes Thrombinserum, das dem blutplättchenreichen Plasma (PRP) hinzugegeben wird, wandelt lösliches Fibrinogen, ein für die Blutgerinnung wichtiges Protein, zu Fibrinmonomeren um, die zu einem Clot (Blutgerinnsel) polymerisieren. Auf diese Weise wird die Bildung einer dreidimensionalen Fibrinmatrix, in der die Blutplättchen eingebettet werden, angeregt. Auf diese Weise kann es an der Behandlungsstelle zu einer langanhaltenden Abgabe von Wachstumsfaktoren kommen, wobei die Matrix als Gerüst für eine neue Geweberekonstruktion dient.

 

Worauf muss sich der Patient nach der ATS-Behandlung einstellen?

Dr. Breitenbacher: Im Anschluss an die Behandlung erfolgt die Anwendung kryotherapeutischer Maßnahmen sowie die Anlage eines Tapes oder einer Orthese zum temporären Schutz der behandelten Gewebestruktur. Um die Regeneration zu beschleunigen und den Heilverlauf weiter zu stabilisieren, applizieren wir nach einigen Tagen, ebenfalls Ultraschall- oder MRT-navigiert, PRP oder PRP/Hyaluron an das Behandlungsgebiet. Zudem kombinieren wir die ATS-Therapie mit weiteren regenerativen Behandlungsmethoden wie AXOMERA, Stoßwellen-Therapie und der Extrakorporalen Magnetotransduktions-Therapie (EMTT). Der Patient sollte sich nach der ATS-Therapie für einige Tage schonen, wobei bedarfsweise eine Orthese zu tragen ist. Nach gemeinsamer Absprache mit uns und in Abhängigkeit von der Gewebeverletzung erfolgen anschließend der Belastungsaufbau und die Wiederaufnahme der sportlichen Aktivitäten.

 

Welche Erfahrungen wurden bisher mit der ATS-Therapie gemacht?

Dr. Breitenbacher: Das Verfahren wurde bereits wissenschaftlich ausreichend untersucht. Große Verbreitung findet es insbesondere in der Allgemeinchirurgie, Unfallchirurgie, Plastischen Chirurgie und Sportmedizin, wobei die erzielten Resultate als sehr gut beschrieben werden.

 

Gibt es Ausschlusskriterien für die Behandlung?

Dr. Breitenbacher: Vorsicht ist geboten bei Patienten, die sich einer blutverdünnenden Therapie, etwa mit Marcumar, unterziehen. In solchen Fällen beraten wir die Betroffenen gerne. Gegebenenfalls sollten sie sich zuvor mit ihrem Hausarzt besprechen.

 

Wieweit übernehmen die Krankenkassen die Kosten?

Dr. Breitenbacher: Die Kosten werden von den privaten Kassen in Einzelfällen erstattet. Bei den gesetzlichen Kassen ist dies nicht der Fall. Wir bitten daher unsere Patienten um vorherige Rücksprache mit dem jeweiligen Kostenträger. Gerne erhalten sie von uns eine gesetzliche Notwendigkeitsbescheinigung und einen Kostenplan.

 

BIOREGENERATIVE BEHANDLUNGSMETHODEN IM MVZ FÜR ORTHOPÄDIE FLUGFELD IN BÖBLINGEN

Am MVZ für Orthopädie Flugfeld in Böblingen wurde ein breites Spektrum an Therapiekonzepten entwickelt, die darauf abzielen, durch gezielte und fein dosierte Reize die körpereigenen Regenerationskräfte anzuregen. Zum Einsatz kommen Stoßwellen und myofasziale Techniken sowie EMTT und Hyaluron, Arthrosamid , PRP-Injektionen sowie Autologe Knorpelmikrotransplantationen (AMT). Diese Therapien finden einzeln oder kombiniert Anwendung. Hierdurch werden verschiedene Botenstoffe, Wachstumsfaktoren oder Entzündungshemmer am Ort des Geschehens konzentriert und damit Reparaturvorgänge in Gang gesetzt. Durch den Abschluss der MasterClass für Regenerative Orthopädie der HABE HealthCare Akademie konnte das Leistungsspektrum gezielt im Bereich der regenerativen Gelenktherapie erweitert werden. Für die Patienten schafft dies die Voraussetzung für wissenschaftlich fundierte, minimalinvasive Therapien zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung – eine individuelle, sichere und nachhaltige Alternative zur Operation.

 

Weitere Informationen zur ATS Meniskus und Gewebeklebung